Der Reiseblog aus Kfar Blum

Von netzlosen Bussen, ausgefallenen Reiserouten und einer Rückkehr in die eigene Vergangenheit: herzlich willkommen in Kfar Blum.

Hallo aus Kfar Blum. Mein Name ist Thorsten Vogt, ich bin Mediendirektor bei Brose Bamberg und nehme euch mit auf einen kleinen Blick hinter die Kulissen unserer Reise nach Israel.

Als uns die Auslosung Galil Elion bescherte war zunächst Freude. Also zumindest beim Coach. Denn das kleine Örtchen Kfar Blum, in dem sich der Verein befindet, hat gerade einmal etwa 800 Einwohner und ist sein Geburtsort. Hier wuchs er auf, bei Galil Elion lernte er spielen, wurde Profi, später Assistenztrainer, dann Head Coach. Kfar Blum also. Nahe der Grenzen zum Libanon und Syrien gelegen. Von Tel Aviv aus knappe 200 Kilometer entfernt, also gut drei Stunden mit dem Bus. Doch unser erstes Problem war: wie nach Tel Aviv kommen. Aktuell sind Feiertage in Israel und jeder, wirklich jeder Israeli in Deutschland scheint das Bedürfnis gehabt zu haben, nach Hause zu fliegen. Die überhaupt einfachste Variante wäre sicherlich ein Flug in den Libanon oder nach Syrien gewesen. Da davon aber zum einen das Auswärtige Amt abrät und es zum anderen mit zwei Israelis im Team nicht einfacher geworden wäre, eine Grenze zu passieren, waren diese Optionen keine wirklichen. Daher also unsere mittlerweile bekannte Reiseroute über Zypern. Dank gilt hier Julius Hyna vom Reisebüro Schiele, der diesen Flug gefunden hatte. Also Frankfurt – Larnaca – Tel Aviv. Dort sind wir am Dienstagnachmittag angekommen, vom Flughafen direkt in die Trainingshalle gefahren, anschließend erst ins Hotel. Das übrigens liegt in einem Kibbuz, eben Kfar Blum. In jedem Kibbuz, also in jeder Kollektivsiedlung, gelten eigene Regeln. In unserer: jeder darf arbeiten, von seinem Lohn aber lediglich gut 350 Euro für sich behalten. Der Rest geht an und in den Kibbuz, wird also für die Gemeinschaft verwendet. Dafür muss man beispielsweise nichts für Lebensmittel bezahlen. Ein Modell, das man mögen muss…

Die Reise nach Israel ist unsere erste europäische in der laufenden Saison. Also wirklich europäisch. Chemnitz war zwar auch europäisch, aber eben nicht wirklich europäisch. Daher jetzt also: die erste wirklich europäische Reise. Und Israel ist basketballverrückt. Das merkte man auch im Vorfeld. Es gab eine Menge Interviewanfragen, einige haben wir angenommen. Jedoch nur für die Spieler. Oren Amiel sprach lediglich mit dem Fränkischen Tag (hier geht’s zum Artikel), will sich hier einzig und alleine aufs Spiel konzentrieren. Dafür standen Gabriel Chachashvili und Amir Bell hoch in der Mediengunst (u.a. hier). Woran man noch merkt, dass Basketball in Israel einen hohen Stellenwert hat? Die Partie wird live im nationalen Fernsehen übertragen. Anders als in der Bundesliga beispielsweise, wissen die Vereine übrigens bereits weit vor Spielbeginn, wie der Kader des Gegners aussieht. Während man in der BBL sein Spielroster erst 60 Minuten vor Tip-Off bekanntgeben muss, gibt es im FEC spätestens am Spieltagsvormittag Bescheid. Da nämlich findet eine gemeinsame Sitzung mit dem Kommissar der Begegnung statt. Dabei werden eben die Roster festgelegt, Pässe kontrolliert, Trikots gecheckt. Somit sind Überraschungen am Abend beim Spiel ausgeschlossen. Diese Praktik ist übrigens in Israel auch im nationalen Wettbewerb Gang und Gäbe. Die Vereine müssen bis Mitternacht des Vorspieltags ihre Aufstellung bekanntgeben. Eine Maßnahme, die sicherlich auch in der BBL – zumindest für die Teams, die maximal sechs ausländische Spieler in ihren Reihen haben 🙂 – eine gute wäre.

Gespielt wird etwas außerhalb des Kibbuz. Die Arena Heihal HaPais liegt etwa 15 Busminuten entfernt. Apropos Bus, kurzer Einschub hier zu diesem Thema: in allen Bussen in Israel fehlt das Netz an den Sitzen. Also eine Möglichkeit, wo man Wasserflaschen etc. hineinstellen kann. Die sind ganz offiziell seit einigen Jahren hier verboten – also die Netze, nicht das Wasser –, denn es haben zu viele Menschen ihre Flasche zwar hineingestellt – aber nicht wieder mit rausgenommen. Und um den Müll zu vermeiden bzw. die Arbeit für den Busfahrer und/oder das Putzteam zu minimieren, hat man kurzerhand die Netze am Sitz abgeschafft. Doch zurück zur Arena Heihal HaPais. Wobei Arena etwas übertrieben ist, auch wenn sie hier so genannt wird. Die Halle versprüht den Charme der 1980er, hat auf zwei Seiten ausfahrbare Tribünen und hinter den Körben direkt eine Wand. Die wenigstens ist gepolstert, so dass da nichts Schlimmes passieren kann. Und dennoch: diese Halle kann laut werden. 2000 Personen passen offiziell rein, rund 1.500 werden gegen uns erwartet. Und wenn die auf diesem engen Raum Lärm machen, dann kann das Ansporn sein. Für die Heimmannschaft, aber auch für den Gegner. Ich erinnere mich an unser Spiel in Karsiyaka. Ähnliche Hallenkonzeption, ähnlich frenetische Fans. Der Ausgang ist bekannt und dürfte gerne auch hier so sein.

Soweit von mir von hier mit der ersten Ausgabe des Reiseblogs. Die nächste gibt es am 30. November aus dem kosovarischen Ylli. Bis dahin gilt wie immer: wenn ihr Fragen, Anmerkungen und Anregungen, Kritik oder eventuell auch Lob habt – schreibt mir eine Email an thorsten.vogt@brosebamberg.de. Ich freue mich über jeden direkten Kontakt mit euch.

In diesem Sinne, bleibt sportlich!