Jugendkoordinator Wolfgang Heyder im Interview

Die Saison bei unseren Nachwuchsteams ist zu Ende. Grund genug, mit Nachwuchskoordinator Wolfgang Heyder ein erstes kleines Fazit zu ziehen…

Wolfgang, zum 1. Januar gab es in unserer Talente-WG einen Wechsel auf der Position des pädagogischen Leiters. Der neue Mann heißt Dennie Ha Sy und er hält seit vier Monaten alle Fäden in der Hand. Wie läuft das WG-Leben aus deiner Sicht und was ist die größte Herausforderung für alle Beteiligten?

Wolfgang Heyder: Grundsätzlich ist es eine ziemliche Herausforderung, solch einen Wechsel der pädagogischen Leitung während eines Schuljahres und während einer Saison durchzuführen. Das war uns auch bewusst, aber es war notwendig und insofern war das für uns aber vor allem für Dennie eine wahnsinnige Herausforderung. Er musste sich zum einen kurzfristig in die ganzen Prozesse einarbeiten, er musste alle Spieler und deren Eltern kennenlernen, musste diese Kontaktaufnahme auch mit den Schulen hinbekommen. Das alles in einer sehr kurzen Zeitspanne und ohne großen Vorlauf. Das war der eine Punkt. Und was natürlich dann dazu kam: er kam mittenrein in die Coronapandemie, also in diese Hochphase rund um die Weihnachtszeit bis Anfang Februar. Da gab es ja die meisten Infektionen. Auch wir sind davon nicht verschont geblieben, hatten jedoch bei allen Jungs nur humane Verläufe, da alle mindestens zweimal geimpft, zum großen Teil auch schon geboostert sind. Dennoch ließen sich Infektionen natürlich nicht vermeiden, denn in der Schule gab es selbstverständlich viele Kontakte, dazu bei der Hausaufgabenbetreuung, im Training, bei den Spielen. Es gab also immer wieder positiv Tests, auch falsch-positive. Das alles hat Dennie natürlich höchst in Anspruch genommen. Dazu kamen noch einige orthopädische und anderweitig medizinische Verletzungen. Alles in allem war es eine sehr intensive Zeit für uns und vor allem für ihn. Ich finde aber, dass er alles sehr gut gemeistert und sich gut eingearbeitet hat. Jetzt langsam findet er auch die Zeit, um sich um die Jungs auch pädagogisch und persönlich zu kümmern. Das kam in der Phase des Übergangs sicherlich ein bisschen zu kurz.

Parallel dazu gibt es seit dieser Saison auch eine Spieler-WG, in der aktuell vier volljährige Spieler wohnen. Wer wohnt dort und was hat es mit der WG generell auf sich?

Wolfgang Heyder: Wir haben ja eine einigermaßen komfortable Situation: wir haben Spieler, die mit der Schule und damit dem Aufseesianum fertig sind oder werden und auf dem Sprung ins Profitum stehen, die es zumindest ein, zwei Jahre probieren wollen, ob sie das Zeug dazu haben. Zudem haben wir unser Netzwerk mit dem BBC Coburg, wo diese Spieler Praxiserfahrung sammeln können und teilweise auch schon in den BBL-Kader mit integriert werden. Zudem werden sie speziell individuell gefördert. Vier dieser Spieler waren letzte Saison in unserer WG. Zwei davon kamen aus dem Aufsees: Jannis Sonnefeld und Leon Bulic haben beide ihr Abitur gemacht und starten jetzt den Weg ins Profidasein. Zu den beiden kamen zwei Spieler, die wir außerhalb Bambergs akquiriert haben: Lennart Schultz aus Göttingen und Tyreese Blunt aus Ludwigsburg. Beide sind 20 geworden und ebenfalls in der Situation wie Sonnefeld und Bulic, nämlich auf dem Sprung zur Profikarriere. Die WG passt deshalb sehr gut, da alle vier Spieler die gleichen Ambitionen und damit die gleichen Themen und den gleichen Tagesablauf haben. Leider hatte sich Schulz im Januar schwer am Knie verletzt, musste operiert werden und war daher erst einmal raus aus dem Thema und der WG. Er bestreitet seine Reha aktuell in Göttingen. Dennoch waren wir grundsätzlich mit seiner Entwicklung zufrieden. Die Jungs mussten sich ja zunächst auch daran gewöhnen, selbstständig zu leben, einen Rhythmus zu finden. Das war für alle natürlich eine Herausforderung. Aber ich finde, insgesamt hat es vernünftig funktioniert. Alles in allem ist diese WG also ein vernünftiges Modell, um den Übergang von der Jugend, vom talentierten, leistungsorientierten Jugendspieler, der vielleicht im Aufseesianum ist, in den Profibereich zu schaffen.

Wolfgang, du hast immer hohe Ansprüche an TrainerInnen und Spieler. Wie beurteilst du den Saisonverlauf unserer NBBL-Mannschaft und wie den unserer JBBL-Mannschaft? Was läuft aktuell im unteren/Mini-Bereich und wie schauen hier die zukünftigen Planungen aus?

Wolfgang Heyder: Man muss zunächst festhalten, dass wir ja einen komplett neuen Trainerstab aufgebaut haben. Das ist der eine Punkt. Der zweite, sicherlich limitierende Punkt ist: wir sind erst im Aufbau eines Gesamtkonzepts, einer eigenen Basketballkultur. Das und die kann man nicht in der kurzen Zeit entwickeln. Es gibt hierbei divergierende Meinungen und auch divergierende Vorstellungen und Konzepte bei den einzelnen Trainern. Die zusammenzuführen, vor allem auch in der Coronosituation, ist keine einfache Geschichte. Was dazu kommt und was für mich ein wichtiger Punkt für die Zukunft ist: Es braucht aus meiner Sicht ein Gesamtkonzept von oben nach unten, also bei der Profimannschaft angefangen bis in die jüngsten Spielklassen. Jeder muss mit den gleichen Voraussetzungen, den gleichen Zielen, den gleichen Vorstellungen, den gleichen Maßgaben arbeiten. Dass jeder Trainer eine eigene Handschrift hat, ist eine Sache. Aber wir brauchen eine gemeinsame Kultur, eine Basketballkultur und ein gemeinsames Konzept. Das ist für mich ein wichtiger Punkt: Wie kann eine Anbindung an den Profibereich in Zukunft stattfinden? Ein weiterer Punkt ist: wir haben nur bedingt Einfluss auf das, was in der ProB passiert. Auch dort muss eine Entwicklung stattfinden, auch dort muss das einheitliche Konzept gelten, müssen die inhaltlichen Vorgaben einheitlich gesetzt und bearbeitet werden, so dass von der U12, U13 und U14 bis hoch zur ProB einheitlich trainiert und gespielt wird. Das konnten wir im ersten Jahr natürlich nicht komplett umzusetzen. In der JBBL geht es für mich Richtung Idealtypus. Es herrscht ein hoher Leistungsanspruch, eine hohe Basketballkultur, also auch eine Einstellungskultur, es wird ein Mindset für Leistungssport entwickelt. Es wurde zudem sehr intensiv trainiert, sehr intensiv gespielt. Bei der NBBL muss man einen Abstrich machen. Wir stehen bei den Spielern ganz am Anfang. Es war eine nahezu komplett neu zusammengestellte Mannschaft. Zudem gab es das Problem, dass die Mannschaft zu selten auch zusammen trainiert hat. Hier müssen wir die Schnittstellen optimieren, also die Zusammenführung ProB, Regionalliga, NBBL. Da ist noch viel Luft nach oben. Kommen wir zum Mini- und U14-Bereich: auch da standen wir ja am Anfang, müssen wieder sukzessive Spieler entwickeln. Ich denke, es ist eine sehr positive Geschichte, dass wir mit Strodtbeck, Ott, Egger und Günter vier U14-Spieler in der Bayernauswahl haben. Ich bedauere in dem Zusammenhang auch, dass der Trainer Justinas Brazauskas aus privaten zurück nach Nürnberg geht. Er hat in den letzten Jahren einen sehr engagierten Job gemacht. Hier sind wir auf der Suche nach Ersatz. Eine grundsätzliche Sache, die ich in dem Zusammenhang auch nochmal betonen möchte: wir waren trainermäßig in dieser Saison definitiv zu eng bestückt, haben insgesamt zwölf Mannschaften betreut, auch im Seniorenbereich mit zwei Regionalligen und der ProB. Dann natürlich die Nachwuchsbundesligen, die ganzen Jugendmannschaften von oben nach unten U18, U16, U14, U13, U12 und die Fördergruppen. Da muss man sagen, dass wir einfach zu wenige Trainer hatten, die durch die Vielzahl an Aufgaben auch an ihre Belastungsgrenze kamen. Das darf uns nicht mehr passieren, da müssen wir nachlegen. Es fehlen definitiv zwei Trainerstellen, wenn wir auch weiterhin Spieler adäquat ausbilden wollen. Wir haben ja alleine im Internat zwanzig Spieler. Die müssen wir individuell fördern, müssen mit ihnen ins Mentoring gehen, in die mentale Ausbildung. Daher müssen und werden wir auf diesem Gebiet sicherlich noch aktiv werden.

Welche Rolle spielt im Jugendleistungsprogramm unser vielfältiges Engagement im Schul- und Breitensportbereich?

Wolfgang Heyder: Es ist für mich ein entscheidender Bestandteil der Sichtung und der Entwicklung von Talenten. Wir müssen unten anfangen, wir benötigen eine große Breite an Kindern, die Basketball spielen, die auch Leidenschaft haben. Aus ihnen müssen wir dann die Talente finden. Limitierender Faktor hierbei in den letzten Jahren, vor allem beim Thema Schulsichtungen, Ballschulen und Kindergartentrainings, war natürlich die Coronapandemie. Wir konnten nahezu zwei Jahre lang nichts machen. Das wollen wir jetzt im April, Mai, Juni nachholen, um einfach alle Kinder gesehen zu haben, die es in dem Alter gibt – und natürlich auch deren Talent zu sehen. Dennoch haben wir natürlich schon die zusammengeführt, die wir – auch in Vereinen – bereits kannten. Es gibt ja 15 Vereine in Stadt und Landkreis Bamberg, die Mini-Arbeit leisten. Das ist toll, das ist eine gute Grundlage. Unsere Aufgabe ist es, hier die Trainer noch besser auszubilden. Auch das ist natürlich coronabedingt nur sporadisch passiert. Da haben wir definitiv noch Luft nach oben.