Die Ruhe vor dem Sturm.

Fanblog Out of Office

Als diese Zeile entsteht ist es eben 7.21 Uhr am Dienstagmorgen. Die Trainingshalle in Strullendorf ist (noch) leer. Selbst Johan Roijakkers ist noch nicht da. Normalerweise schlägt er hier immer um kurz vor sieben auf. Heute nicht. Ein letztes Mal vor dem Sturm, ein letztes Mal vor den Playoffs ist etwas Ruhe angesagt. Morgen geht sie los, die Vorbereitung auf die heißeste Phase der Saison.

Und die steht für Brose Bamberg – trotz aller Unkenrufer – zum 20. Mal in Folge auf dem Programm. Aber heute nochmal etwas Ruhe. Zeit auch, um die letzten Monate etwas Revue passieren zu lassen. Es waren anstrengende, es waren fordernde Monate. Physisch, aber vor allem mental. Natürlich ist es unser Job, jeden Tag Höchstleistung zu bringen. Das ist in jedem Job so. Aber in einem Berufsfeld, das von Emotionen, das von Begeisterung (für sich selbst und für andere) lebt, ist es einfach schwer. Nicht unmöglich, natürlich nicht. Aber schwer.

Basketball ist ein Spiel, ist ein Sport der Emotionen. Warum tun wir das? Weil wir Zuschauer, weil wir Fans, weil wir euch unterhalten wollen. Weil wir den direkten Kontakt in der Halle spüren wollen. Jubel, wenn’s läuft. Pfiffe und Buh-Rufe, wenn‘s nicht läuft. Beides spornt gleichermaßen an. Beides fehlt aktuell. Ich bin mir sehr sicher, dass einige Spiele anders ausgegangen wären, hätten wir Zuschauer in der Halle. Der Extra-Push fehlt. Und das ist verständlich. Das ist menschlich. Denn bei allem darf man eines nicht vergessen. Natürlich sind wir Profis, bekommen die Spieler gutes Geld fürs Basketballspielen – in erster Linie aber sind sie Menschen, die genau das brauchen: Bestätigung für ihre (Nicht-)Leistung. Applaus, wenn’s läuft. Anschiss, wenn’s nicht läuft. Das machen die Trainer, klar. Aber es ist etwas anderes, wenn es 6.150 im positivsten Sinn des Wortes verrückte Fans machen.

Viele unserer Spieler werden nie wissen, was es heißt, vor euch zu spielen. Wie es sich anfühlt, wenn 6.150 verrückte Fans positiv wie negativ ihren Emotionen freien Lauf lassen. Viele unserer Spieler werden dieses Gefühl nie erleben. Das ist extrem schade, denn ich bin nach wie vor davon überzeugt – Bamberg ist etwas Besonderes. Das war es schon immer, das wird es bleiben. Ich bin seit 1990 dabei. Als Zehnjähriger stand ich im legendären E-Block der Blauen. Meist hinten an der Sprossenwand. Manchmal auch illegalerweise auf den Stufen. Ich habe, wie viele von euch, den ersten Titel einer Bamberger Mannschaft, den Pokalsieg 1992 miterlebt. Als 12-jähriger Fan, der aufs Parkett gedrängt wurde und Mike Jackel in die Arme lief. Abklatschen mit Mr. Bundesliga. Wow. Die erste Meisterschaft 2005 habe ich als Journalist begleitet. Die zweite 2007 ebenso. Dann durfte ich für den Club arbeiten. Was für ein Gefühl. Ich durfte beim Threepeat mittendrin statt nur dabei sein. Zuletzt beim famosen Husarenritt gegen Berlin im Pokal 2019. So wie ganz viele von euch auch. Denn auch das war etwas, was Bamberg immer ausgemacht hat. Jeder Fan war mittendrin. Da gab es keine Berührungsängste. Jeder konnte und sollte mit jedem ins Gespräch kommen. Das fehlt aktuell. Keine Frage. Das macht die Identifikation schwierig. Keine Frage. Das wird aber wiederkommen. Keine Frage.

Wir versuchen das Team so nah wie möglich an euch ranzubringen. Aber Zoom ist keine Brotzeit auf Keller. Microsoft Teams kein Bier in der Sandstraße. Daher fehlt genau das, was Bamberg ausmacht. Die Nähe. Und dennoch finde ich es sensationell, wie ihr die Jungs unterstützt. Wir haben über 250 Zuschriften zur Trikotaktion bekommen. Das ist fantastisch. Wir bekommen täglich Zuspruch per Mail, per Post. Das tut gut. Und zeigt, dass die paar Einzelnen, die mehr oder weniger anonym via Social Media und in Foren versuchen alles schlecht zu reden, in der Minderheit sind. Zumindest habe ich noch keinen von denen, die wissen, wie es in der Kabine bei uns zugeht und wie dort die Stimmung ist, in unserer Kabine gesehen. Aber auch das ist Bamberg. Auch das macht den Basketball hier anders, besonders. Die Grantler. Die Schlechtreder. Das macht meinen Job zwar nicht immer unbedingt leichter, aber es macht ihn jeden Tag aufs Neue reizvoll. Und sind wir mal ehrlich, am Ende wollen wir doch alle das Gleiche, egal ob Hardcorefan oder Hardcoremeckerer: wir wollen, dass unsära Datzärä uns Spaß machen!

Und das machen sie. Nicht immer, das ist klar. Aber meistens. Ich persönlich finde, dass wir teilweise den attraktivsten Basketball der letzten Jahre gezeigt und gesehen haben. Was fehlt: Konstanz. Und ab und an Kratzen und Beißen. Auch mal Dreckigspielen. Nicht unfair. Aber dreckig. Das bringt mich wieder zu Absatz zwei. Mit euch wäre das anders. Davon bin ich überzeugt. Und daher bin ich guter Dinge, dass wir diese ureigenen Bamberger Tugenden auch ganz bald wieder sehen werden. Zunächst aber die Playoffs. Da fängt ja gerne mal immer alles wieder bei Null an. So auch bei uns. Morgen beginnt die Vorbereitung. Mittlerweile ist auch Johan da. Und ein paar Spieler. An ihrem letzten freien Tag. Auch das zeigt die Mentalität der Truppe. Alle sind heiß. Alle wollen es allen, wollen es euch zeigen, dass es besser geht, als ab und an in dieser Spielzeit.

Daher: lasst uns gemeinsam in die heißeste, in die geilste Phase der Saison gehen. Zum 20. Mal in Folge!!!

Getreu unseres Mottos: „We Ride As One!“

Ihr! Wir! Gemeinsam!

In diesem Sinne, bleibt sportlich!

Thorsten Vogt