Wir haben ein deutsches Grundgerüst, das gegen jeden BBL-Gegner sehr gut bestehen kann.

Johan Roijakkers spricht im Kurzinterview über den Stand der Dinge in Sachen Transfers, warum es nicht gelungen ist, Bennet Hundt von einem Verbleib bei Brose zu überzeugen und den Grund, warum ein paar Spieler erst Ende August nach Bamberg kommen könnten…

Johan, die Offseason läuft seit einigen Wochen. Wir haben mit Joel Aminu und Marvin Omuvwie auch bereits zwei Neuzugänge verkünden können, haben damit sechs deutsche Spieler unter Vertrag. Wie zufrieden bist du mit dem aktuellen Stand? 

Ich bin sehr glücklich mit der aktuellen Situation. Wir haben mit Kenny Ogbe, Chris Sengfelder und Dom Lockhart ein deutsches Grundgerüst, das gegen jeden BBL-Gegner sehr gut bestehen kann. Mit Joel und Marvin haben wir dazu zwei hungrige Ergänzungsspieler verpflichtet. Das ist wichtig, um die Intensität immer hochzuhalten. Alles in allem könnten wir mit diesem deutschen Stamm in die Saison gehen. Aber natürlich schauen wir uns weiter um, denken über ein, zwei zusätzliche deutsche Spieler nach. Sollten wir jemanden passendes finden – schön. Wenn nicht, dann finde ich unsere deutsche Rotation sehr wettbewerbsfähig.

Es ist ja kein Geheimnis, dass wir gerne Devon Hall und Bennet Hundt aus dem letztjährigen Kader weiterverpflichtet hätten bzw. würden. Devon hat mittlerweile beim EuroLeague-Spitzenteam in Mailand unterschrieben. Wie ist der Stand bei Bennet? 

Devon war ein Lotteriegewinn für uns. Er war menschlich großartig, dazu ein Führungsspieler auf dem Feld. Es war klar, dass es schwer werden würde, ihn weiterzuverpflichten. Bennet haben wir ein Angebot unterbreitet, das er leider abgelehnt hat. Er wird innerhalb der BBL zu einem anderen Club wechseln, dafür wünschen wir ihm alles Gute.

Viele andere Spieler hatten ebenfalls einen Einjahresvertrag. Werden wir einen von ihnen nächste Saison nochmals sehen? 

Ich denke nicht, dass einer unserer ausländischen Spieler zurückkommen wird. Wir bedanken uns bei allen für die gezeigte Leistung und wünschen ihnen für die Zukunft alles Gute. Aufgrund der ungewissen Coronasituation haben wir nur Einjahresverträge abgeschlossen. Das war richtig, da wir auch aktuell noch immer Unsicherheiten haben, wir etwa noch nicht wissen, ob und wenn ja, wie viele Zuschauer in die Halle dürfen. Vor diesem Hintergrund muss man die Kaderplanung für die nächste Saison bewerten und das bestmögliche Roster zusammenstellen. Ich will aber nochmals betonen: wir haben unsere deutschen Leistungsträger allesamt gehalten.* Zudem haben wir mit Elias Baggette einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs langfristig an uns binden können. Das freut mich, darauf lässt sich aufbauen.

Die Summerleague ist dieses Jahr sehr spät, endet erst am 17. August. Kann es daher sein, dass die letzten Neuzugänge erst Ende August und damit rund zwei Wochen nach Trainingsbeginn nach Bamberg kommen? 

Ja, das ist definitiv möglich. Wir versuchen natürlich unseren Kader bis Anfang August vollständig zu haben, aber es kann sein, dass sich einige Spieler, die wir unter Vertrag genommen haben, noch bei der Summerleague präsentieren wollen. Viele der Jungs haben den Traum von der NBA. Diesen Traum wollen wir ihnen nicht nehmen.

*Anmerkung von Thorsten Vogt: das habe ich falsch wiedergegeben. Natürlich war diese Aussage in keinster Weise despektierlich gegenüber Bennet Hundt gemeint. Vielmehr hat Johan ausgedrückt, dass man das Positive sehen soll, nämlich dass wir die drei deutschen Leistungsträger Sengfelder, Ogbe und Lockhart halten konnten. Leider ist uns das bei Bennet nicht gelungen. Der Satz heißt damit richtig: „…wir haben unsere anderen drei deutschen Leistungsträger allesamt gehalten.“

„In den nächsten drei bis vier Jahren soll immer ein Jugendspieler den Sprung ins Profiteam schaffen!“

Das Bamberger Nachwuchsleistungsprogramm hat ehrgeizige Ziele. Jugendkoordinator Wolfgang Heyder und sein Team haben in der Pandemiesaison an vielen kleinen Stellschrauben gedreht, die sich mittel- und langfristig auswirken und den Brose Jugendbereich wieder dahin bringen sollen, wo er hingehört: an die Spitze…

Die Saison 2020/2021 war eine besondere bzw., anders gesagt, keine wirkliche. Gab es dennoch etwas, das du positiv aus diesem Pandemiejahr mitnehmen kannst?  

Wolfgang Heyder: „Es gab für mich zwei Themen, die wir positiv mitnehmen: wir konnten ab Ende März als Nachwuchsleistungszentrum trainieren. Dabei haben wir es geschafft, dass die Begeisterung und die Emotionen von Spielern und Trainern unglaublich waren. Ich habe selten im Jugendbereich eine so intensive Trainingsarbeit gesehen, auch wirklich fünf- bis sechsmal in der Woche. Zuvor durften wir ja ‚nur‘, aber immerhin auch schon im kleinen Bereich trainieren: 15 Auswahlspieler hatten über Monate Individualtraining. Das war jetzt nicht der Traum der Trainer, doch für die Entwicklung der Spieler war es enorm wichtig. Zum zweiten haben wir die ersten Schritte geschafft, um unsere Mini-Arbeit wieder zu beleben, mit den Vereinen zusammenzuarbeiten. Wir haben mittlerweile wieder 80 Kinder, die in den Fördergruppen sind und Spaß haben. Sicherlich ist es noch nicht 100%ig konzeptionell und strategisch zu Ende geführt, aber wir haben die Bindung hergestellt und auch Kindern ermöglicht Basketball zu spielen.“

Die Offseason ist coronabedingt viel länger als normalerweise. An welchen Stellschrauben hast du gedreht?

WH: „Unsere erste Aufgabenstellung war es, die Hauptamtlichkeit zu erhöhen. Wir hatten viel im Honorarbereich gearbeitet. Das ist natürlich zu dünn bei der Herausforderung, die wir haben. Ich bin sehr froh, dass wir mit Jan Schröder aus Würzburg und Gabriel Strack aus Düsseldorf zwei Top-Trainer im Jugendnachwuchsbereich gefunden haben, die uns jetzt unterstützen und alles noch stabiler machen. In dem Zusammenhang sei natürlich auch Justinas Brazauskas erwähnt, der während der Pandemie einen tollen Job gemacht hat. Zu den drei Hauptamtlichen kommen weiterhin Honorarkräfte: Reggie Miller war ja bereits im Athletikbereich für uns tätig, ihm zur Seite steht ab sofort Jasmin Brandt. Insofern haben wir in diesem Bereich einen großen Schritt nach vorne gemacht. Die zweite Aufgabenstellung war, dass wir ein Recruiting für unser Basketballinternat Aufseesianum aufstellen wollten. Da ist in den letzten Jahren zu wenig passiert. Aktuell sind wir guter Dinge, dass wir alle zwölf Internatsplätze belegen können, mit vielversprechenden Talenten und interessanten Spielern für die Zukunft. Daher bin ich sehr optimistisch, dass wir in der ganzen Nachwuchsleistungsarbeit ein Stückchen weiterkommen.“

Ein paar Personalien im Trainerbereich hast du angesprochen, auch die Neuaufstellung des Recruitings. Gibt es da bereits erste Namen? 

WH: „Wir haben unter anderem zwei Jungs aus Düsseldorf und zwei aus Würzburg verpflichtet, dazu Lasse Pickert aus Oldenburg, Neo Krizanovic aus Essen. Aktuell sind wir an einem sehr interessanten U16-Nationalspieler aus Litauen dran, der sich sehr gut vorstellen kann, zu uns zu kommen. Wir hatten zwei österreichische Nationalspieler hier, einer davon mit der Chance auf einen deutschen Pass. Alles in allem sind wir auf einem guten Weg mit Akteuren, die sich auf den verschiedenen Ebenen entwickeln wollen – von JBBL über NBBL, Regionalliga bis hin zur ProB. Wir sind also ambitioniert dabei im Hinblick auf die Talentsituation. Jetzt kommt es aber auf die tägliche Trainingsarbeit an, um all diese Talente auch weiter zu fördern.“

Das Aufseesianum ist eine Einrichtung, um die uns viele europäische Vereine beneiden. Wie können wir es noch attraktiver machen? 

WH: „Das Aufsees hat alles, das es braucht für eine perfekte Rundumbetreuung: soziale Betreuung, das ‚Familien ersetzen‘, Schulanbindung, die auch durch tägliche Schularbeit gewährleistet ist; dazu eine Halle für Individualtraining, einen Kraftraum für Athletiktraining. Ich glaube, wir sind hiermit sehr gut aufgestellt, müssen es aber besser ‚leben“, besser managen. Wir müssen die langen Tage der Jungs so organisieren, dass sie nicht müde werden im Lauf einer Saison. Hier setzt natürlich die Trainerqualität ein und an. Ich bin sehr guter Dinge, dass das Aufsees weiterhin ein Erfolgsprojekt bleibt.“

Wie sind die Zielsetzungen für die kommende Saison? 

WH: „Grundsätzlich steht die nächste Saison unter dem Motto ‚Konsolidierung‘. Nach Corona und dem Fakt, dass ziemlich viel neu ist, geht es natürlich nicht auf Knopfdruck. Und es geht auch nicht in erster Linie um den sportlichen Erfolg. Der ist zwar immer allgegenwärtig, denn schließlich sind wir nicht da, um Spiele zu verlieren, sondern wir wollen viele Spiele gewinnen. Jedoch ist unsere erste Aufgabe Talente zu entwickeln. Und da bin ich sehr überzeugt, dass wir das gut hinbekommen werden.“

Welche Zielsetzungen gibt es für das Bamberger Jugendleistungsprogramm in den nächsten fünf bis zehn Jahren?  

WH: „Mittelfristig ist es unser Anliegen, jedes Jahr mindestens einen Jugendspieler in den Profikader zu bringen. Mein persönliches Ziel geht sogar noch etwas weiter: ich will in vier Jahren mindestens drei unserer Nachwuchsjungs im BBL-Kader sehen.“