Wir lassen in jedem Spiel alles auf dem Feld!

Ganz allgemein gefragt: bist du mit der Saison 2021/2022 zufrieden?

Christian Sengfelder: Wenn man die gesamte Saison betrachtet, würde ich sagen, ich bin zufrieden, dass wir in die Playoffs gekommen sind. Die waren dann natürlich frustrierend.

Lass uns mal ganz vorne anfangen. Ohne viel über den ehemaligen Trainer zu sprechen, aber es gab in der Vorbereitung einen Vorfall in einem Bamberger Parkhaus. Hat das damals etwas mit der Mannschaft gemacht?

CS: Wir haben das natürlich mitbekommen. Es gab ein kurzes Gespräch danach, das war‘s. Wir haben uns schnell wieder fokussiert, schließlich stand die BCL-Qualifikation auf dem Programm. Daher haben wir versucht, schnell einen Haken hinter das Thema zu setzen.

Trotzdem hat es bei der Quali nicht gereicht. Es wurde ein 20-Punkte-Vorsprung verspielt, die Champions League nicht erreicht. Wie bitter war das?

CS: Unfassbar bitter. Das hat auch richtig am Team genagt. Es hat gut und gerne zwei Wochen gedauert, bis wir uns alle wieder gefangen hatten. Man hat im Training gemerkt, wie die Intensität erst einmal runterging, da wir ja alle mit internationalen Spielen gerechnet hatten. Da war sehr, sehr viel Enttäuschung bei uns. Und die rauszubekommen hat erst einmal gedauert.

Und trotzdem war ja der Saisonauftakt richtig gut mit einigen Siegen in Serie.

CS: Ja, wir haben versucht das Ausscheiden als Motivation zu nehmen. Die BBL ist ja sowieso unser Alltagsgeschäft, das gilt es bestmöglich zu bestreiten. Am Anfang hat das extrem gut funktioniert, bis dann die Niederlagenserie kam.

Die hatte zur Folge, dass im Dezember der Trainer gewechselt wurde. Ohne das jetzt explizit zu bewerten, fällt auf, dass Oren Amiel, so hat es zumindest den Anschein, den Spaß am Basketball zurückgebracht hat. Und zwar nicht nur euch, dem Team, sondern auch den Fans.

CS: Das stimmt. Vor allem am Ende der Viertelfinalserie, die ja wirklich nicht gut war von uns, hat man gesehen, dass die Leute wieder Spaß hatten. Das habe ich auch an Feedback nach der Saison bekommen. Die Unterstützung war immer da, wir haben uns positiv entwickelt. Das ist sicher auch in großem Maße Oren zu verdanken. Wir haben immer alles auf dem Parkett gelassen, haben immer gekämpft. Das ist, was die Fans honorieren. Allerdings, auch das muss man sagen, es hat ein bisschen gedauert, bis wir wirklich Orens Spielphilosophie verstanden hatten.

Wie schwierig ist es für einen Spieler, sich von heute auf morgen in ein neues System einzuarbeiten?

CS: Es ist eine große Herausforderung. Es war das erste Mal für mich, dass während der Saison ein Trainerwechsel stattfand. Das neue System war schon extrem anders, sowohl offensiv als auch defensiv. Dazu mussten wir neue Spieler integrieren. Dann hat man natürlich einen ganz anderen Konkurrenzkampf, eine andere Rollenverteilung. Jeder will und muss sich neu zeigen. Und während dieses ganzen Integrationsprozesses hatten wir immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Daher hat das dann schon etwas gedauert. Aber ich glaube, wir haben uns gut gefangen.

Du hast die Verletzungen angesprochen. Das waren einige, dazu kamen auch immer wieder Coronafälle. Schon eine extrem anspruchsvolle Situation…

CS: Ganz ehrlich, ich habe noch nie mit nur fünf anderen im Training gestanden. Das war schon wild. Wir mussten Jugendspieler integrieren, haben dadurch sogar BBL-Rekorde aufgestellt. Und trotzdem haben wir uns immer gesagt: wir müssen da jetzt durch. Aber alles in allem war das schon extrem verrückt…

Wie überraschend war es dann für dich, dass es zum Ende der Saison diese Siegesserie mit neun Erfolgen aus elf Spielen gab?

CS: Überraschend nicht. Erfreulich (lacht). Wir hatten in den letzten Wochen tatsächlich alle Mann an Bord. Das hat uns sehr geholfen. Wir wussten, was wir können. Und wir hatten einen guten Spielplan mit vielen Partien am Ende in der eigenen Halle. Daher haben wir schon gesagt, wir wollen und können in die Playoffs. Dabei war es wichtig, nie über ein Spiel hinaus zu schauen. Wir haben tatsächlich nur von Spiel zu Spiel gedacht, von Moment zu Moment.

Da hat die Sportlerphrase endlich mal funktioniert…

CS: Tatsächlich, ja. Wobei es für uns ehrlich keine Phrase war. Wir haben im März gesagt, lasst uns nicht in den Mai schauen. Lasst uns den März angehen, dabei jedes Spiel spielen und versuchen, das Bestmögliche rauszuholen. So haben wir im April weitergemacht. Dann kam das Momentum auf unsere Seite, wir haben gewonnen und es fiel vieles leichter. Wir haben vor vielen Fans gespielt, hatten alle Spaß daran. Wir konnten gemeinsam feiern und haben daher immer weiter Gas gegeben.

Wie wichtig war Oren Amiel für den Erfolg?

CS: Sehr wichtig. Man muss ja sehen, er hat ein komplett neues Team übernommen, dem er versucht hat, seine Philosophie mit auf den Weg zu geben. Seine große Stärke ist, dass er uns sehr, sehr viel Vertrauen geschenkt hat. Er hat sich auch in den schweren Phasen immer vor uns gestellt. Er hat uns gestärkt, uns Selbstvertrauen gegeben, hat uns weiter motiviert und auch weiter Zuversicht ausgestrahlt. Er hat nie zugelassen, dass bei uns irgendwelche Zweifel auftauchen. Ich glaube, das war und ist seine größte Stärke.

Der Vertrag mit ihm wurde ja bereits im Februar vorzeitig verlängert. Hat das auch deine Entscheidung beeinflusst, hier langfristig zu unterschreiben?

CS: Auf jeden Fall. Ich habe natürlich im Vorfeld mit Oren viele Gespräche geführt, wie er denn meine Rolle in den zukünftigen Jahren sieht, wie er mich gerne weiterentwickeln würde.

Du hast bei deiner Vertragsverlängerung gesagt, Ziel muss es sein, Bamberg wieder dahin zu bringen, wo es hingehört, nämlich zumindest als fixer Anwärter auf das Heimrecht in den Playoffs. Wer dich kennt, der weiß, du sagst solche Sachen nicht, weil du sie sagen musst und weil sie die Leute gerne hören, sondern weil du daran glaubst. Was macht dich zuversichtlich, dass es auch wirklich so kommen kann?

CS: Ich vertraue dem Coach, glaube, das sein System funktioniert. Ich habe das auch direkt zu Philipp Galewski gesagt. Ich bin mir auch sicher, hätten wir die Vorbereitung in der letzten Saison schon mit ihm gehabt, wäre es ganz anders gelaufen. Das ist der erste Punkt. Zum anderen ist es persönlicher Ehrgeiz. Ich möchte nicht wieder erst am letzten Spieltag in die Playoffs rutschen. Ob es dann mit dem Heimvorteil klappt? Möglich. Die Plätze drei bis sechs sind immer eng zusammen. Aber wir brauchen Ziele. Und das ist eines. Das müssen wir mit dem ersten Sprungball verinnerlichen.

Du hast deinen persönlichen Ehrgeiz angesprochen. Wie sehr hat dich persönlich die Finalserie geärgert?

CS: Sehr. Ich habe es jetzt vier Jahre in Serie in der BBL in die Playoffs geschafft und bin immer in der ersten Runde ausgeschieden. Das ist frustrierend. Daher habe ich direkt im Anschluss gesagt: das war das letzte Mal! Nächstes Jahr kommen wir mindestens ins Halbfinale!

Abschlussfrage: warum sollte sich jeder Fan für kommende Saison eine Dauerkarte kaufen?

CS: Weil wir niemals aufgeben, immer mit Herz und Leidenschaft spielen werden. Wir lassen in jedem Spiel alles auf dem Feld und holen uns den Heimvorteil. Und das sollte und darf keiner verpassen…